Das Thema Straßenbeiträge wird zur Zeit in Griesheim sehr kontrovers diskutiert. Wir respektieren das Anliegen der Bürgerschaft, die Staßenbeiträge in Griesheim völlig abschaffen zu wollen, möchten aber an dieser Stelle den vielen Mißverständnissen mit ein paar Fakten begegnen.

Die folgenden 14 Punkte wurden als Leserbrief von Werner Schmachtenberg, Stellv. Fraktionsvorsitzender der WGG, im Griesheimer Anzeiger am Fr. den 09.11.2018 veröffentlicht:

  1. Erst die Straße macht aus einer Wiese für einige Euro/qm ein wertvolles Baugrundstück von derzeit etwa 500 Euro/qm. Davon profitiert der Grundstückseigentümer.
  2. Nicht nur als Autofahrer, sondern auch als Fußgänger und Radfahrer benutzt man die Straße. Selbst wenn ein Mensch nicht aus dem Haus gehen kann, kommen Müllabfuhr, Pflegedienst, Post, Freunde und Verwandte und auch der Notarzt auf der Straße zu ihm.
  3. Der Vermieter bekommt das Geld für die Straßenbeiträge vom Mieter zurück, allerdings nicht über die Betriebskosten, sondern über die Miete. Denn der Mieter bezahlt mit seiner Miete für nutzbaren Wohnraum, den er gefahrlos erreichen kann. Der Vermieter kann seine Kosten übrigens bei seinen Mieteinnahmen von der Steuer absetzen.
  4. Der Bundesgesetzgeber hat bei der Betriebskostenabrechnung das Prinzip verfolgt, dass Instandhaltung und Betrieb auf den Mieter umlegbar sind, Reparatur und Erneuerung aber nicht. Jeder Vermieter und Mieter kennt das von der Heizung. Bei der Straße ist das auch so. Die Instandhaltung der Straße mit einer neuen Asphaltdecke wird von der Stadt über die Grundsteuer bezahlt, die auf die Mieter umlagefähig ist. Die Erstanlage einer Straße und die grundhafte Sanierung als Neuanlage werden mit der Miete abgegolten, da sonst die Wohnung nicht nutzbar wäre. Die Stadt kann Bundesgesetze nicht ändern.
  5. Von guten Straßen profitieren besonders die schwachen Verkehrsteilnehmer. Der SUV-Fahrer mag das Rumpeln unter seinem Wagen ja noch spannend finden, das Kind auf dem Fahrrad und der alte Mensch mit Rollator jedoch nicht. Die Stadt ist verpflichtet, die Straßen in verkehrssicherem Zustand zu erhalten. Und irgendwann ist selbst der beste Unterbau marode, dann hilft keine Kosmetik auf der Oberfläche mehr.
  6. Die Straßensanierung über die Grundsteuer funktioniert politisch selten, da die Steuern nicht zweckgebunden sind. Im Griesheim wurden in 15 Jahren nur 580.000 Euro für Straßensanierung ausgegeben, was zu einem Sanierungsstau von 6 Mio. Euro führte, der in den nächsten 5 Jahren aufgelöst werden muss. Es verlangt viel Disziplin und Selbstverleugnung von Politikern, Steuergelder nicht für die öffentlichkeitswirksamen Lieblingsprojekte ihrer Parteien auszugeben. Straßensanierungen sind politisch nicht sehr sexy.
  7. Die Straßensanierung über die Grundsteuer bedeutet außerdem, dass von Griesheimer Bürgerinnen und Bürgern 150% der tatsächlichen Kosten erhoben werden müssten , da ca. ein Drittel der Einnahmen an den Kreis abgeführt werden muss. Konsequenz: Deutlich mehr zahlen und außerdem hoffen, dass das Geld auch zum vorgesehenen Zweck verwendet wird.
  8. Die Sanierung einer Straße in kleinen Teilen belastet nicht nur die Anwohner mehrfach, sondern ist durch die mehrfache Baustelleneinrichtung und die kleineren Aufträge am Ende teurer. Wer dem Bürger hier etwas billig rechnet, täuscht ihn darüber, dass es am Ende sogar teurer wird. Mengenrabatt gibt es auch im Straßenbau.
  9. Die wiederkehrenden Straßenbeiträge sind die gerechtere Variante gegenüber den einmaligen Straßenbeiträgen. Jeder Mensch nutzt nicht nur die Straße vor seiner Haustür, sondern das Straßennetz der Stadt. Eine Straßensanierung kann bei einmaligen Beiträgen wirtschaftlich bedrohlich werden. Und alte Menschen erhalten heute keine Kredite mehr.
  10. Die Stadt Griesheim ist gut beraten, sich auf 30 Jahre Erfahrungen mit wiederkehrenden Straßenbeiträgen in Rheinland-Pfalz zu stützen. Denn die Prinzipien, die Bundesgerichtshof und Bundesverfassungsgericht inzwischen für die Ausgestaltung dieser Beiträge an Fällen aus Rheinland-Pfalz entwickelt haben, gelten auch für hessische Gerichte.
  11. Es gibt keine absolute Gerechtigkeit bei der Erhebung einer Abgabe. Es gibt rechtliche Vorgaben, außerdem ist eine Pauschalierung notwendig, um den Verwaltungsaufwand zu begrenzen. Diese Vorgaben muss die Stadt bspw. bei der Berücksichtigung von Vollgeschossen in Gebieten mit Bebauungsplänen einhalten. Und der Gewerbezuschlag wird pauschal erhoben.
  12. Wenn keine Straßen zu sanieren sind, wird auch keine Abgabe erhoben. Und für andere Zwecke darf das Geld nicht verwendet werden. Man bekommt also immer genau das, für das man auch bezahlt hat. Die Einführung bezahlt sogar das Land, und die städtische Datenverarbeitung wird bei dieser Gelegenheit als Zusatznutzen auf den neuesten technischen Stand gebracht.
  13. Die Stadt Griesheim hat in den nächsten 5 Jahren keine 6 Mio. Euro im Haushalt rumliegen, die man einfach so für die Straßensanierung nehmen könnte. Es müssen umfangreiche Sanierungen an der städtischen Infrastruktur vorgenommen werden, auch muss die Stadt sich zukünftigen Herausforderungen stellen, z. B. beim Verkehr. Wir können unsere Probleme nicht auf unsere Kinder schieben, wie bei der Straßensanierung bisher geschehen.
  14. Daten dürfen nach Artikel 28 DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) auch von Auftragsverarbeitern im Auftrag der Stadt Griesheim verarbeitet werden. Dem muss der Bürger nach der DSGVO nicht zustimmen.

Fazit:

Einfach nur gegen wiederkehrende Straßenbeiträge zu sein, hilft nicht weiter, denn irgendwie müssen die Straßen bezahlt werden. Die Forderung, die Straßen statt mit wiederkehrenden Beiträgen mit der Grundsteuer zu sanieren, ergibt nur einen Sinn für Grundstückseigentümer, die lieber alle in Summe mehr zahlen lassen wollen, damit sie selbst individuell weniger zahlen müssen. Wenn diese mit Gerechtigkeit argumentieren, müssen sie sich fragen lassen, wo ihr Protest ist, wenn heute sowohl der Wert ihrer Grundstücke als auch die Mieten in Griesheim deutlich steigen. Und die Forderung, die Sanierung in kleine Lose zu stückeln, ist der Versuch, eine teure Lösung als besonders billig zu verkaufen in der Hoffnung, dass die Bürgerinnen und Bürger es nicht bemerken. Wie beim Kauf auf Raten.

(ws)