Im Jahr 1937 wurde im Zusammenwirken von Otto Christoph Wamboldt, NSDAP-Oberbürgermeister von Darmstadt, mit dem NSDAP-Gauleiter, Reichsstatthalter Hitlers in Hessen und einzigem Mitglied der hessischen Landesregierung, Jakob Sprenger, durch einen Befehl Sprengers ein Drittel der Gemarkung Griesheims gegen dessen Willen der Stadt Darmstadt zugeschlagen. Nach den von Darmstadt vorgetragenen Gründen für diese Entscheidung sollte der Deal zwischen den beiden ehemaligen Postkollegen die weitere Militarisierung Darmstadts fördern, damit wurde der bereits seit 1933 geplante Vernichtungskrieg um Lebensraum im Osten auch von der Stadt Darmstadt aktiv mit vorbereitet.
Bei den Flächen handelte es sich seinerzeit um den Flugplatz mit seinen Kasernenanlagen, die militärisch ausgerichteten Forschungseinrichtungen der TH Darmstadt und der Deutschen Forschungsanstalt für Segelflug (DFS) und die Flächen des Truppenübungsplatzes Griesheimer Sand.
Die Rückgabe der Flächen wurde nach dem Krieg von der Stadt Darmstadt verweigert, die zugesagte Entschädigung für den wirtschaftlichen Verlust des damaligen Griesheimer Gewerbegebietes Siedlung Tann wurde um 90% abgewertet. Griesheim wurde beim fortgesetzten Beharren auf Beseitigung des nationalsozialistischen Unrechtes die vollständige Eingemeindung nach Darmstadt angedroht.
Die Stadt Darmstadt profitiert bis heute von den kollegialen Kontakten seines NS-Bürgermeisters zu einem alten NSDAP-Kämpfer, für den Lüge, Urkundenfälschung und Bedrohung, wie die historische Forschung zeigte, zum politischen Geschäft gehörten.
Werner Schmachtenberg. Historiker
Mit den Jahrzehnten wurden einige Flächen an Griesheim zurückgegeben, da die dortigen Siedlungsbereiche, wie die Siedlung St. Stephan, zwischenzeitlich untrennbar mit Griesheim verbunden waren. Vorher jedoch wurden die dortigen öffentlichen Flächen zugunsten der Darmstädter Stadtkasse verkauft oder bei der Konversionsfläche sogar eine Kompensation von Griesheim in Form von weiteren Griesheimer Gemarkungsflächen gefordert.
Im Jahr 2019 versuchte die Stadt Darmstadt, ihre NS-Vergangenheit hinter sich zu lassen, indem die politischen Gremien beschlossen, acht Straßen und Plätze, deren Namensgeber direkt oder indirekt mit dem Nationalsozialismus in Verbindung standen, umzubenennen. Mit dabei war auch der Georgii-Platz, der an Walter Georgii, den Leiter der DFS während der Zeit des Nationalsozialismus, erinnerte.
Daraufhin blickte die Wählergemeinschaft Griesheim (WGG) genau auf die Karte und musste feststellen, dass der Georgii-Platz in dem Gemarkungsgebiet liegt, welches die Stadt Darmstadt 1937 erfolgreich mit Hilfe des NSDAP-Gauleiters für ihren militärischen Aufschwung, auch mit Hilfe der DFS und ihres Leiters Georgii, von Griesheim rauben konnte. Durch die Rückgabe von Flächen liegt der Georgii-Platz inzwischen pikanterweise wieder auf Griesheimer Gemarkung. Seit 2020 ist die Stadt Griesheim sogar Grundstückseigentümer der Fläche, die vorher der Bundesrepublik Deutschland gehörte.
Die Stadt Darmstadt versucht also, sich selbst durch die Umbenennung eines Platzes in einer Nachbarstadt zu entnazifizieren, den sie selbst dieser Nachbarstadt geraubt hatte, um dort genau die Militarisierung zu fördern, weswegen der Namensgeber des Platzes seinerzeit von der Stadt Darmstadt geehrt wurde.
Werner Schmachtenberg, Historiker
Ein solches Verhalten ist für die Wählergemeinschaft Griesheim (WGG) nicht akzeptabel. Wenn die Stadt Darmstadt sich glaubwürdig von ihrer NS-Vergangenheit distanzieren möchte, so kann sie dies nur durch Rückgabe der geraubten Gemarkungsteile tun. Straßenumbenennungen, dies auch noch in einer Nachbarstadt, verbunden mit der Weigerung, die während der NS-Zeit gemachte Beute zurückzugeben, lassen die Entnazifizierungsbemühungen der Stadt Darmstadt als reine Lippenbekenntnisse erscheinen.
(WS)
Nachlesen:
- Otto Christoph Wambold -> https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Wamboldt
- Jakob Spenger -> https://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_Sprenger
- Walter Georgii -> https://dfg-vk-darmstadt.de/Lexikon_Auflage_2/GeorgiiWalter.htm
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